Drei Romane von Flashman spielen im Wilden Westen: HELD DER FREIHEIT, FLASHMAN UND DIE ROTHÄUTE und ENGEL DES HERRN. Unter Berücksichtigung der Genre-Maßstäbe gehört ROTHÄUTE für mich zu den zehn besten Western-Romanen, die ich je gelesen habe. Anlass genug, hier mal die Entwicklung des Genres genauer unter die Lupe zu nehmen.
„Das Land wollten viele, aber
die Indianer waren so egoistisch.
dass sie es für sich allein
behalten wollten.“
John Wayne
Am Anfang der Westernliteratur steht der romantische historische Roman in der Gestalt von Coopers LEDERSTRUMPF. Hinzu kamen romantische Indianererzählungen und völkerkundliche Romane, wie sie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sehr beliebt waren. Nach 1845 begann sich für die Bevölkerung der amerikanischen Ostküste das Bild vom Westen, jetzt als „freier Westen“ verstanden, zu verklären. Das Publikum in den enger werdenden Städten Neuenglands verlangte nach mehr Informationen und Erzählungen über das „freie Land“, nach dem es so viele drängte, um das Glück zu machen. Der Westen war zum Land der Verheißung geworden, und keine Gefahr ließ die Einwanderer davor zurückschrecken, aufzusatteln, wenn der Ruf „Westward ho!“ erklang.
1860 entwickelte der Verleger Erasmus Beadle in New York ein neues Printmedium: die DIME NOVEL, ein direkter Vorläufer unserer Groschenhefte oder Heftromane.
Damit begann die massenhafte Verbreitung des Mythos vom Wilden Westen. Diese auf billigstem Papier gedruckten, schnell runtergeschriebenen Hefte hatten durch die Ausformung der auch heute noch gebräuchlichen Klischees einen weitaus größeren Einfluss auf das Bild vom Wilden Westen, als etwa Tatsachenberichte oder die realistischen Erzählungen von Bret Harte oder Mark Twain.
Das erste Heft dieser Art, es hieß MALESKA OR THE INDIAN WIFE OF THE WHITE HUNTER, hatte eine Auflage von 65.000 Exemplaren. Bereits die Nummer acht dieser ersten von vielen noch folgenden Dime Novel-Reihen wurde mit 500.000 Exemplaren aufgelegt. Die Dime Novels waren auf Anhieb ein Riesenerfolg. Die Autoren wurden nach denselben Prinzipien ausgebeutet, die bis vor einigen Jahren noch im amerikanischen Paperbackoriginalmarkt oder der deutschen Heftromanszene üblich waren. Verlangt wurde schnelles Schreiben, dafür gab es kargen Lohn und keine Beteiligung an Auflagen und Nebenrechten. Um davon leben zu können, mussten die Autoren in Blitzgeschwindigkeit Romane wie am Fließband herstellen.
Die Dime Novels gehörten als Erbauungslektüre zum Marschgepäck der Soldaten des Sezessionskrieges, und sogar Präsident Lincoln zählte zu ihren Lesern.
Beadle und sein Kompagnon Adams brachten mehrere 1000 Titel in über 3o Reihen heraus. Beadles Verlagsleiter war Orville J. Victor; er führte eine entscheidende Neuerung ein: die vorgefertigte Formel, beziehungsweise das K o n z e p t. Dies bedeutete, dass ein bestimmter Handlungsrahmen für eine Serie entworfen wurde und innerhalb dieses Handlungsrahmens mehrere Autoren arbeiten konnten, ohne das ihr individueller Stil und ihre persönliche Originalität zum Tragen kommen konnten. Ein Konzept, das heute noch für die Groschenheftwestern und für das Medium Romanheft, ob JERRY COTTON oder LASSITER, üblich ist. So wurde es möglich, dass ein Autor wie Prentice Ingraham eine Geschichte von 35.000 Worten in 24 Stunden herunter schreiben konnte. Die vorgegebene Formel oder Standardisierung von Serien- und Reihenkonzepten markiert den Beginn moderner Produktionsmethoden im Unterhaltungsliteraturbereich. Wie im heutigen Trivial-Western wurde nicht mehr Abenteuerliches neu erfunden, sondern ein Schema wieder und wieder reproduziert.
Zunächst standen die Dime Novels in der Tradition Coopers und der romantischen Indianererzählung. Der Held war ein Waldläufer, die Szenerie die unberührte Natur. Die Indianer waren nicht automatisch die Feinde. Man unterschied einmal mehr zwischen vermeintlich guten und vermeintlich bösen Stämmen. Erst als immer mehr Siedler in den Westen vordrangen und sich gegen die ihr Land verteidigenden Indianer mörderisch durchsetzten, begann die Verteufelung des roten Mannes im großen Stil. Diese frühen Helden unterschieden sich von späteren Protagonisten nicht nur durch ihrer Tätigkeit als Trapper. Sie trugen auch verstärkt puritanische Züge, rauchten nicht, tranken nicht und fluchten und spielten nicht. Zwielichtige historische Gestalten wurden „literaturtauglich“ umgebaut, um so bei den Lesern einen stärkeren Realitätsbezug zu signalisieren.
Joe Hembus berichtete in dem Standardwerk zum Kinowestern, WESTERN-LEXIKON(Heyne Verlag), von der berühmtesten Mystifizierung:
„Einer der fleißigsten Mythendichter war der Verleger Erasmus Beadle, der 1860 in New York mit einer Groschenheftserie Dollars scheffelte. Die wöchentlich erscheinenden Dime Novels erreichten oft eine Auflage von einer halben Million…Im Jahre 1869 läßt sich Edward Z.C.Judson, der unter dem Pseudonym Ned Buntline schon seit Jahren ein bekannter Autor von Abenteuer-Romanen ist, von der „New York Weekly“ engagieren. Auf der Suche nach Inspiration und einem Helden reist er im Westen umher. Die Geschichte seiner Entdeckung von William Frederick Cody alias Buffalo Bill verläuft ziemlich genauso, wie Burt Lancaster als Ned Buntline sie in dem satirisch wirkenden, weil streng an den historischen Tatsachen orientierten Robert Altman-Film BUFFALO BILL AND THE INDIANS von 1976, erzählt:
`Im Jahre 1868 gehe ich in den Westen und schaue mich nach einem neuen Helden der Grenze um, über den man schreiben könnte. Ich lese Berichte über die Schlacht von Summit Springs und suche den Helden dieses Konflikts auf, Major Frank North. Aber der Major hat etwas gegen Publicity und will nicht reden. Also wandere ich eines Morgens in seinem Camp herum und sehe dieses magere Kerlchen, wie es unter einem Wagen schnarcht.
Ich ziehe ihn heraus, werfe einen Blick auf ihn und weiß, daß ich einen Star aus ihm machen kann. Ich frage ihn nach seinem Namen, er sagt Cody; ich sage, was treibst du, er sagt, er ist Scout und Büffeljäger. Also mir brennt’s ehrlich, über jemanden zu schreiben, weil ich schon einen Haufen aufregender Geschichten habe, die ich eigentlich Bill Hickock anhängen wollte, aber mit dem bin ich gerade verkracht, also sage ich dem Jungen, von jetzt ab heißt du Buffalo Bill und binnen sechs Monaten wird das ganze verdammte Land von dir hören.‘
Bei seiner ersten Begegnung mit Ned Buntline ist er 23 Jahre alt und ein Scout, Büffeljäger und Plainsman wie viele andere auch. Sein wirkliches Vorleben ist durch die nun einsetzende Legende so gut wie ausgelöscht; vielleicht hat er einige der ihm zugeschriebenen Rekord- und Courageleistungen bei der Büffel- und Indianerjagd wirklich vollbracht, vielleicht auch nicht. Als Buffalo Bill setzt er nun seine Geschichte gleichzeitig in der Historie wie im Showbusiness fort, wobei er das eine stets in das andere verwandelt und umgekehrt. Aus der Show reitet er im Zirkuskostüm auf das Schlachtfeld, und vom Schlachtfeld trabt er wieder in die Arena und inszeniert den Gang der Geschichte, wie er sie soeben mitbestimmt hat.
Am 23. Dezember 1869 beginnt der Abdruck der ersten Buffalo Bill-Fortsetzungsgeschichte in der „New York Weekly“: Buffalo Bill, the King of the Border Men – The Greatest Romance of the Age! Sie läuft über viele Folgen, wird später in einer Buchausgabe herausgebracht und erlebt als solche immer neue Auflagen: Noch 1928 wird sie für 22 Cents vom Versandhaus Sears & Roebuck angeboten. 1872 wird im New Yorker Bowery Theater das Stück Buffalo Bill, the King of the Bordermen uraufgeführt, in Anwesenheit des Titelhelden. Weitere Bühnenstücke folgen. 1875 trennt sich Buffalo Bill von Buntline und organisiert seine eigene Show. Seine Heldentaten erscheinen jetzt in Beadles Dime Novels, wobei er oft selbst als Autor genannt wird. Im Sommer 1876, nach der Schlacht am Little Big Horn, nimmt er an einer Kampagne gegen die Cheyennes teil und tötet den Häuptlingssohn Yellow Hand; bei dieser Gelegenheit trägt er ein mexikanisches Kostüm aus schwarzem Samt, scharlachrot gefüttert und mit silbernen Knöpfen und Litzen geschmückt.
Im Herbst geht er mit dem Stück The Red Right Hand or: Buffalo Bill’s First Scalp for Custer, das dieses Treffen verherrlicht, auf Tournee. Jedes Jahr kommen neue Groschenhefte, Romane, Bühnenstücke heraus. 1879 gar eine Autobiographie. Aber das Beste kommt erst noch…
Um 1850 kommen die Rodeos als örtliche Cowboy-Wettbewerbe in Mode. Hier erweist sich die Legende als das Medium, das große Taten beflügelt: bald wimmelt der Westen von virtuosen Trickreitern, Stierkämpfern der bloßen Faust, Lassowerfern und Kunstschützen. Buffalo Bill wird der Mann, der erkennt, was man mit diesem Potential anfangen kann: Er verbindet seine theatralischen Darstellungen von Ereignissen aus der Zeitgeschichte des Westens mit typischen Rodeo-Attraktionen zur neuen, volkstümlichen Zirkuskunst der Wild West-Show.
1883 hat Buffalo Bills Wild West-Show in Omaha Premiere. Was die Show vom Zirkus unterscheidet, ist, daß sie Geschichten erzählt, die Gelegenheit geben, atemberaubende, zirkusmäßige Fertigkeiten vorzuführen. Die erzählten Geschichten werden im Bewußtsein des Publikums zu den Standard-Situationen des Westens. Indianer überfallen eine Siedlung, einen Wagentreck, eine Postkutsche; Buffalo Bill und seine Leute reiten in letzter Minute zur Rettung.
Als Thomas A.Edison 1894 die Filmproduktion startet, sind seine ersten Sujets die prominenten Show-Attraktionen der Zeit. Die prominentesten darunter sind Nummern aus Buffalo Bills Wild West-Show. Später gehen viele Wild West-Show- und Rodeo-Stars wie Tom Mix, Art Acord und Yakima Canutt ganz zum Film und drehen Western; der Westen, in dem diese Filme spielen, ist nichts weiter als die gigantisch erweiterte Arena der Wild West-Shows.“
So begann also eine Legende, die bis heute fortwirkt, in Romanen und Filmen – trotz aller Demontageversuche.
Je stärker der Westen besiedelt wird, je kleiner das „freie Land“ wird, um so weniger attraktiv wurde die Figur des edlen Trappers und Waldläufers. Neue Helden mussten her und zu mythischen Figuren stilisiert werden: wer war dafür besser geeignet, als der Cowboy?
Je stärker der Westen besiedelt- und je kleiner das „freie Land“ wurde, um so weniger attraktiv wurde die Figur des edlen Trappers und Waldläufers. Neue Helden mussten her und zu mythischen Ikonen stilisiert werden: wer war dafür besser geeignet, als der Cowboy, der auf der einen Seite noch ein Stück Freiheit verkörperte, aber auf der anderen Seite schon zur Akzeptanz der etablierten Besitzverhältnisse
gezwungen war.
Er war ein sesshaft gewordener Trapper, Jäger oder Abenteurer. In ihm manifestiert sich der Übergang vom freien Waldläuferleben zum niedergelassenen Städter. Der Cowboy zieht zwar noch durch die Weite der Prärie und verkauft seine Arbeitskraft an das sich herausbildende Kapital, aber für ihn gibt es keine Weiten ohne Grenzen mehr. Er verteidigt am Stacheldraht den Besitz seines Arbeitgebers und zieht weiter, wenn es ihm an einem Ort nicht mehr gefällt oder gefeuert wird.. Aber er zieht nicht in die Freiheit der Wälder und Prärien, sondern zum nächsten Rancher. Und – wie man es aus den Filmen und Romanen kennt – er wird sich am Ende seiner Wanderjahre irgendwo niederlassen, um sich vollständig in ein soziales Wesen zu verwandeln, dass in einem sozialen Verbund einbezogen ist.
In Nebenrollen taucht diese Figur in den sogenannten Ranch-Stories bereits seit der Besiedlung von Texas – die sowieso das Ende des grenzenlosen Horizonts symbolisiert – auf. Die erste Story, in der der Cowboy eine Hauptrolle spielte, war „Over Sunday at New Sharon“; sie erschien 1880 in „Scribners’Monthly“ und beschreibt einen Sonntag im legendären Dodge City. Im Titel erschien der Cowboy erstmals 1887 in der Geschichte „Buck Taylor, King of the Cowboys“. Bis zur Jahrhundertwende bleibt der Cowboy ein Held unter vielen, längst nicht so populär wie Büffeljäger oder Trapper. Aber Angesichts neuer Realitäten wurden die Nachfahren von Natty Bumppo und Kit Carson immer unansehnlicher.
Wirklich zur dominanten Figur des Genres wurde er durch Owen Wisters Roman „The Virginian“, erschienen 1902.
Sicherlich einer der wichtigsten Klassiker des Genres. Bereits im ersten Jahr erlebte das Buch 15 Nachdrucke; bis weit ins 20. Jahrhundert wurde das Buch immer wieder aufgelegt und gehört heute zum Kanon der nordamerikanischen Literatur. Es wurde mehrfach verfilmt und inspirierte die langlebige Fernsehserie „Die Leute von der Shiloh-Ranch“, die treffender im Original „The Virginian“ hieß.
Wister versöhnt den Westmann mit dem Städter, indem er seinen Helden aquch noch zu einem erfolgreichen Geschäftsmann machte.
In den 10 Jahren vor Erscheinen des Romans erlebten die USA die schlimmste Depression bis zu den 1930ern. Homestead oder der Pullman-Streik von 1894 ließen kein Verdecken des Antagonismus zwischen Arbeit und Kapital mehr zu. Und erstmals spürten auch Farmer und Rancher die urbane Dominanz durch Banker und Konzerne. Der Western wurde mehr und mehr zu einem durch und durch reaktionären Genre, das die Überlegenheit des Individuums über soziale Regeln verkündete.
Natürlich zogen die Dime Novels angesichts des gigantischen Erfolges sofort mit Cowboy-Serien nach. Aber ihre große Zeit ging zu Ende. Die Pulp-Magazine wurden vom Beginn des Jahrhunderts bis Anfang der 5oer Jahre in den USA zur wichtigsten Form zur Verbreitung populärliterarischer Stoffe und von Trivialmythen.
Der Medienkritiker Georg Seeßlen schrieb darüber:
„Der Vorteil der Pulp-Magazine gegenüber den Dime Novels – 1919 wurde die letzte Dime-Novel-Serie >The New Buffalo Bill Weekly< in ein Pulp-Magazin umgewandelt – war neben einer größeren Variationsbreite die Experimentierfreudigkeit, die das Medium technisch förderte. Die neue technische und vertriebliche Form ging einher nicht nur mit einer veränderten literarischen Technik – Renaissance der Kurzgeschichte – , sondern auch mit einer veränderten Stimmung. Der romantische Lakonismus der Pulp-Literatur war das Gegenteil der naiv optimistischen Dime Novels.“
Das erste Pulp-Magazin, das sich ausschließlich der Westernliteratur widmete, war das „Western Story Magazine“ der Firma Street & Smith.
Wichtigster Westernautor dieser Zeit war Frederick Faust, der von 1892 bis 1944 lebte und unter dem Pseudonym Max Brand und neunzehn weiteren zum König der Pulps wurde. Bis 1970 wurden über 2oo Bücher von ihm veröffentlicht, die alle auf Pulp-Geschichten oder Serien basierten. Allein für „Western Story Magazine“ schrieb er 13 Millionen Wörter in 13 Jahren. Den Pulp-Autoren wurde pro Wort zwischen ein und drei Cents bezahlt. Darunter der mehrfach verfilmte Klassiker „Destry Rides Again“, der in Buchform über eine Million Exemplare verkaufte und dessen Filmversion mit James Stewart und Marlene Dietrich die Bekannteste ist. Faust war ein Pulp-Genie, der alle Genres bediente (u.a. schuf er die Figur DR.KILDARE).
Nicht weniger erfolgreich war Zane Grey, der den Individualismus seiner Helden noch weiter trieb. Für Owen Wister war der Sozialdarwinismus noch eine soziale Doktrin, für Grey universelles Gesetz.
Unzählige Western-Magazine mit unzähligen Geschichten unzähliger Autoren erschienen bis in die 40er Jahre und zementierten die Klischeevorstellungen über eine noch nicht allzu lang vergangene Zeit. Diese Geschichten und Romane wurden wiederum Vorlagen für unzählige Film-Serials, billige B-Pictures und Großproduktionen. Bis Ende der 30er Jahre galt der Western als triviales Genre-Kino, nur geeignet für billige Vorfilme und Nachmittagsvorstellungen. Und genauso sahen diese Filme auch aus, in denen William S. Hart und Tom Mix Schießereien und Pferdejagden hinlegten, die jeden halbwegs Erwachsenen tödlich langweilten. Erst nachdem John Ford 1939 mit „Stagecoach“ erfolgreich gezeigt hatte, dass man Western auch für ein erwachsenes Kinopublikum produzieren konnte, änderte sich die Haltung dem Genre gegenüber. Vorlagen waren genügend in den Pulps zu finden. Auf ihrem billigen, holzhaltigen Papier versteckten sich großartige Geschichten zwischen einem Wust von Schwachsinn. Zu den besseren Autoren zählen die inzwischen zu Klassikern gewordenen Zane Grey, Ernest Haycox, auf dessen Story „Stage to Lordsbourg“ der Film „Stagecoach“ basierte, Luke Short und der bei uns zu Unrecht so schmählich angesehene Louis L’Amour.
Wie jede literarische Form ist auch der Western Ausdruck einer bestimmten Geisteshaltung und eine verklausulierte Ausdrucksform von Wünschen, Hoffnungen und Interessen in einer bestimmten historischen Situation. Im Wilden Westen, wie er meist in Heften, Büchern, TV-Serien, Filmen und Comics dargestellt wird, hat jeder Mensch – besser Mann – die Chance, Land zu erobern und sich Grundbesitz anzueignen. Der Erwerb und die Verteidigung von Eigentum und Eigeninteressen ist ein zentrales Thema des Westerns. Kein Wunder, dass die Rebellen der 6oer Jahre mit ihrer extremen Ablehnung von materiellen Werten die Western-Ikone John Wayne zum absoluten Feindbild erhoben hatten. Diese Behauptung vom Glück des Tüchtigen musste auf nicht begüterte Leser der westlichen Industriegesellschaften phantastischer als Science Fiction wirken.
Reaktionär verklärte der Western eine blutige, ungerechte Epoche zu einem anzustrebenden, reaktionären Idealbild. Wie oft hat man in Filmen gesehen oder in Büchern gelesen, wie der einsame Cowboy, der nichts weiter besaß als Colt und Pferd, am Ende der Geschichte mit einem anständigen Mädchen verheiratet ist und bei untergehender Sonne auf das durch eigene Leistung erworbene Land schaut, auf dem er nun seine Ranch bauen wird und durch Rinderzucht zum Großkapitalisten aufsteigen wird. Der Wilde Westen, wie er vom Großteil der Massenmedien bis in die 60er Jahre verklärt wird, ist ein Traum der bürgerlichen Gesellschaft. Er basiert auf der Wunschvorstellung von unermesslicher Ausdehnung, unbegrenzten Absatzmärkten und nie versiegenden Energiequellen.
Oder wie schon in der Bibel steht: Alles ist endlich, nur das Wirtschaftswachstum nicht.
Dass diese Landnahme nur durch Verbrechen an der Urbevölkerung möglich war, entschuldigt der klassische Western – wie es der Ideologie des Imperialismus entspricht -durch die Verteufelung des Gegners, den er als bestialischen und grausamen Untermenschen hinstellt.
http://www.westernforschungszentrum.de/
FORTSETZUNG FOLGT
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